Blickachsen 8



Gumpfoten in Sendling



Sie sind mitten unter uns. Vor der Kindertagesstätte in der Konrad-Celtis-Straße haben sie das rechtwinklige Grau der Bodenplatten durchbrochen und ihre Nasen neugierig in die Sendlinger Luft gesteckt. Wenn es denn überhaupt neugierige Nasen sind, die wir von den “Gumpfoten” zu sehen bekommen – denn zunächst einmal sind die scheinbar wabbelig sich windenden Wesen einfach nur amorphe Würste aus superhartem Granit. Doch ihren Schöpfern, dem Künstlerduo Venske&Spänle, ist das Kunststück gelungen, dem primär unbeseelten Stein durch ausgefeilte Formgebung und raffinierten Hochglanzschliff nicht nur Leben einzuhauchen, sondern regelrechte Wesenszüge zu verleihen. Und so wirken die schwarzen Knubbel tatsächlich wie freundliche Lebensformen, die neugierig und zutraulich den Hof der Tagesstätte erkunden. Dem Ort angemessen bietet ihre phantastische Physiognomie dabei Anlass zum Spielen und Erkunden, darüber hinaus aber auch zur Überraschung und Irritation – in ihrem Widerspruch zwischen offensichtlicher Statik und imaginierter Bewegung, zwischen spürbarer Steineshärte und scheinbar pulsierender Organik. Diesem gegensätzlichen Wechselspiel von Form und Inhalt folgt der gesamte Figurenkosmos des Duos Venske&Spänle: amorphe Körper, die – vom rundlich-kleinen “Smörf” bis zu den tropfig-fließenden “Helotrophen” – nicht nur eigenwillig-ironische Fantasienamen tragen, sondern auch einer durchdefinierten Genealogie folgen und von den beiden Künstlern bereits in Amerika, Afrika und Australien “angesiedelt” wurden. Mit den Sendlinger “Gumpfoten” sind Vertreter der Venske&Spänle’schen Formen-Familie nun endlich auch in München ansässig geworden.
Matthias Supé
Nightguard in Icheon

At the Incheon Sculpture Symposium in South Korea ‘Nightguard’ local Granite, Streetlamp



Smörfs in Aubing

Was ist das für seltene Tierart, die sich in der Kindertagesstätte an der Ilse-Fehling-Straße eingenistet hat? Eingangsbereich, Haus und Garten werden von einer kleinen Schar freundlich wirkender Blubbermonster besiedelt: Sie haben allesamt Kleinkindgröße und sind strahlend weiß. „Smörfs in Aubing“ nennt das Münchner Bildhauer-Duo Julia Venske & Gregor Spänle ihr Kunstwerk am Bau. Für Aubing haben die beiden acht Prachtexemplare ihrer „Smörfs“ geschaffen, die es in formalen Variationen bereits an einigen anderen Orten weltweit gibt.
Und obwohl es sich streng genommen um abstrakt-amorphe Formen handelt, erinnern sie an Lebewesen: Eines begrüßt die Eintretenden vor der Tür, fünf haben sich teils in den orangefarben ausgemalten Nischen des Treppenhauses, teils auf der Treppe selbst niedergelassen und zwei hocken – einander zugewandt wie bei einer imaginären Unterhaltung – im Sandkasten. Sie haben zwar kein Gesicht, wirken aber dennoch beseelt, wie Trolle oder Gnome. Was vor allem daran liegt, dass die Mehrzahl der rundlichen Gestalten in der Mitte eine Falte hat, die wie ein sehr breit gezogener Mund aussieht. Minimale Mittel bewirken das erstaunliche Phänomen der Verlebendigung.
Die Skulpturen sind dabei aus so glatt poliertem Stein, dass man diesen auf den ersten Blick auch für Kunststoff halten könnte. Bei genauerer Betrachtung bildet die altertümlich wirkende Materialität des Laaser Marmor einen faszinierenden Gegensatz zur Form, die eher einem zeitgenössischen Comic entsprungen zu sein scheint.
Nur zwei der „Smörfs“ in den Nischen über der Treppe schlagen ein bisschen aus ihrer Art: Der eine wirkt langgezogen wie ein überdimensionierter Kaugummi, der andere ist schlaff, wie schlafend, in sich zusammengesunken. Durch das Spiel mit den Dimensionen und Sinn für skurrilen Bildwitz machen Venske & Spänle den Assoziationsraum weit auf. Ihre „Smörfs“ sind als hilfsbereite Hausgeister und Fantasie-Gefährten für die Kinder immer zur Stelle.
Roberta De Righi



Gasträume Zürich

Venske & Spänle ‘Weisser Riese’ und ‘Weisser Zwerg’
Installationsansicht am Turbinenplatz Gasträume Zürich 2017

